Das Kreuz als Symbol des Christentums

Dem Kreuz als zweifache Verbindung diametral entgegengesetzter Punkte begegnen
wir neben dem Kreuz als Universalsymbol auch in Form des Kreuzes der christlichen Kirche.
Es wird auch lateinisches Kreuz oder Passionskreuz genannt und geht auf die Kreuzigung Jesu zurück. Längsbalken (Stipes) und Querbalken (Partibulum) treffen sich im Schnittpunkt (Intersectio). Es besteht aus zwei Teilen.
Die erste datierte Darstellung dieses Kreuzes auf einem christlichen Denkmal findet sich auf einer Inschrift aus Palmyra von 134.

Das Wandkreuz der Grabower Kirche

Ende 2007 entstand als Auftragswerk das Wandkreuz für die Kirche in Grabow.
Ein Kreuz aus zwei Teilen, deren beide Seiten durch das Zusammenfügen die Negativform des Kreuzes der christlichen Kirche ergibt. Das Kreuz ist aus dem Holz der Eiche. Ein massiger Stamm, durch die Mitte gespalten. Zwei Teile rohen Holzes mit unregelmässigen Faserverläufen und den
Bearbeitungsspuren der Motorsäge. In diese rohe Masse hinein und aus ihr heraus habe ich die Konturen des Kreuzes gesägt. Genaues Maß, Proportionen, rechter Winkel.
So nimmt die Form des Kreuzes die gleichmässige Architektur des Fachwerkes der Kirche auf, während Verwachsungen und Unregelmässigkeiten der Oberfläche des Holzes dagegen arbeiten.
Die Fachwerksteher erreichen den Schwellbalken, den Boden. Das Kreuz schwebt.
Trotz seiner Masse von 800 kg hat es keine Verbindung zum Boden und zur Decke.
Es wird mit einem Abstand von 20 cm zur Wand von einer unsichtbaren Halterung getragen. Zwischen Wand und Kreuz ist Raum für ein grosses ziegelrot gefärbtes und teilweise golddurchwobenes Tuch aus Leinen. Auch dieses Tuch schwebt.
Zwischen Wand und Kreuz.
Das Kreuz in der christlichen Bildsprache ist jedoch nur eine Form der symbolischen
Ausdeutung des Kreuzes.

Das Kreuz als Universalsymbol

Das Kreuz als Universalsymbol ist weit älter als das christliche Kreuz.
Sein Ursprung geht bis in die Steinzeit zurück und findet sich auf allen Kontinenten.
Man vermutet die Darstellung einer religiösen Weltformel, reduziert auf einfachste äussere Form. Es ist ein Ursymbol.

Kreuzfragmente

Vor und während meiner Entwürfe für das Grabower Kirchenkreuz entstanden in Holz und
als Zeichnung Arbeiten zum Thema Kreuz. Fragmente. Für das Grabower Kreuz hielt ich mich gedanklich und in der Ausführung bewusst an die gewohnte Form des christlichen Kreuzes.
Nach Beendigung dieser Arbeit erweiterte und verschob sich meine Sichtweise hin zum
Thema Universalsymbol. Es ist die Suche nach neuen Formulierungen der einfachen Form, die Suche nach einem neuen oder anderen künstlerischen Vokabular. Diese Suche bindet sich ein in das Wesen des Holzes mit seinem inneren Raum (Volumen), seinen gewachsenen Verdichtungen und seinen oftmals nicht einsehbaren Eigenheiten.
Ich zerlege die Kreuzform, drehe verschiedene Achsen, gliedere neu. Dabei erkunde ich neue Formen, dehne und verdichte, erweitere und reduziere. Material hinzuzufügen ist nicht möglich.
An manchen Tagen hetze ich mich durch das Holz und die Geschwindigkeit tut den Dingen manchmal gut. Beim späteren Betrachten stelle ich fest, dass der Arbeit etwas fehlt, z.B. eine Ausdehnung in eine bestimmte Richtung. Weggeschnitten. Für immer verloren. Doch die Mühe war nicht vergeblich, denn vor mir liegt ein Berg von Eichen und ein unendlicher Kosmos an Möglichkeiten.
Diese Arbeiten am Kreuz und das Kreuz selber bilden für mich eine Art Metapher.
Es ist ein Anfang, ein Ausgangspunkt, kein Endpunkt.

Manchmal wohnt den Dingen eine grosse Neuigkeit inne.